Abteilung VS - S4,  Aktuelles,  Lernen

We met two Jews

„Meet a Jew“, so nennt sich ein Angebot des Zentralrats der Juden in Deutschland, welches bewusste Begegnungen von Schulklassen mit Juden in Deutschland ermöglichen will. Die VS der Stadtteilschule Finkenwerder hat dieses Angebot genutzt und Anfang März Besuch von zwei jungen jüdischen Männern bekommen. Die Begegnung fand im Rahmen des Geschichtsunterrichts statt.

Die VS beschäftigt sich zurzeit mit der Geschichte des Judentums in Deutschland, dabei geht es explizit nicht nur um die Zeit des Holocaust, sondern um die 1300jährige Geschichte des Judentums in Deutschland als wichtigem Teil der deutschen Geschichte.

Die Unterhaltung mit unseren jüdischen Gästen führte zu vielen Erkenntnissen. So war es vielen z.B. gar nicht bewusst, dass das Judentum nicht nur eine Religion ist, sondern je nach Betrachtungsweise auch die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder einer Kulturgemeinschaft. Unsere Gäste fühlen sich beide dem liberalen Judentum zugehörig, das bedeutet, viele religiöse Regeln des Judentums, die von traditionellen und orthodoxen Juden streng ausgelegt werden, spielen für sie keine große Rolle oder werden weniger streng ausgelegt. Jude zu sein heißt eben nicht unbedingt religiös zu sein.

Interessant war auch der familiäre Hintergrund unserer Gäste, so kam einer aus Israel, seine Vorfahren sind aus Tunesien, dem Irak und Griechenland nach Israel/Palästina eingewandert. Ein großer Teil seiner griechischen Vorfahren ist durch die Nationalsozialisten ermordet worden. Er lebt seit acht Jahren in Hamburg und hat eine nichtjüdische deutsche Frau, ihr Kind ziehen sie zweisprachig auf und stellen ihm frei, ob und welcher Religion es einmal angehören will. Der andere ist in Schleswig-Holstein geboren und ist der Sohn eines jüdischen Vaters, der zum Judentum konvertiert ist. Da seine Mutter keine Jüdin ist, musste er selbst ebenfalls zum Judentum konvertieren, denn die Zugehörigkeit zum Judentum wird über die Mutter vererbt.

Das Gespräch berührte noch viele andere Themen, so gab es viele Fragen zu religiösen Regeln und Festen und zu der Situation in Israel und Palästina. Dabei wurde deutlich wie vielfältig und multikulturell die israelische Gesellschaft ist.

Am Ende war das wohl auch eine der wichtigsten Erkenntnisse unserer Begegnung: Es gibt nicht ein ganz bestimmtes Judentum, sondern eine große religiöse, sprachliche und kulturelle Vielfalt, sowohl in Israel, als auch im deutschen Judentum, welches seit über tausend Jahren einem wichtigen Teil der vielfältigen Bevölkerung in Deutschland bildet.

Hannes Krause, Tutor VS